2. FASTENSONNTAG

Viele grundlegende Fragen und Probleme unseres Lebens lassen sich erst lösen, wenn wir lernen, sie vom Ziel unseres Lebens her zu bedenken. Die entscheidende Frage lautet: Wozu, auf welches Ziel hin leben wir? Und alles, was wir erleben, erwerben, denken und fühlen, ist erst dann als sinnvoll empfunden, wenn es uns zu unserem Lebensziel hinführt. Unser Ziel inspiriert, durchdringt und hält das jetzige Leben lebendig. Also: Wozu lebe ich?

Die heutige bildreiche Erzählung von der sogenannten „Verklärung Jesu“ will uns zu einer Antwort verhelfen. Die drei Freunde von Jesus bekommen auf einem Berg eine Vorahnung des Endzieles, ihrer endgültigen Zukunft. Dieses Erlebnis wird für sie zum Schlüsselerlebnis zum Verständnis von Jesus, von seinem Leiden und Tod und und von seiner Auferstehung. Aber es bleibt zunächst ein ‚Vorgeschmack‘. Sie müssen zuerst wieder den Berg hinunter, ins konkrete Alltagsleben hinein, um besser verstehen zu lernen.

All dies wird in einer bildreichen Sprache erzählt, die Vorstellungen aus dem Alten Testament benützt. Es geht hier um eine Gotteserfahrung, wie sie z.B. auch Mose gemacht hat. So wie Mose auf den Berg Sinai drei Begleiter mitnimmt, nimmt Jesus drei Freunde mit (Petrus, Jakobus und Johannes). Der Berg ist in der Bibel oft der Ort der Gottesbegegnung. Das äußere Zeichen, dass Gott erscheint, anwesend ist, ist die Wolke, die die Gegenwart Gottes zugleich ver- und enthüllt, und es ist die Rede von der „Herrlichkeit Gottes“ die in Jesus erscheint. Er strahlt Gottes Gegenwart aus, wie auch von Mose erzählt wird, dass sein Gesicht erstrahlte.

Mose und Elia erscheinen dabei: Sie sind die Stellvertreter für das, was die Juden „Gesetz und Propheten“ nennen, den Mittelpunkt ihres Glaubens. Später wird gesagt, dass Jesus gekommen ist, um „Gesetz und Propheten“ zu erfüllen. Dafür stehen hier Mose und Elia als Zeugen.

Für die Freunde von Jesus ist die Nähe und die Verbundenheit mit Gott durch und durch zu spüren. Es ist unbegreiflich schön. Sie sind überwältigt von einem inneren Frieden, von Glück. Die Zeit steht still. Ein intensives Gefühl. Der Wunsch des Petrus, Hütten bauen zu wollen, weist auf die Sehnsucht, das Erlebte festhalten zu wollen, als wäre das Lebensziel, die Endgültige Verbundenheit mit Gott, schon erreicht. Und Jesus wird durch die leuchtende Wolke und die Stimme - so wie bei seiner Taufe - als von Gott Gesandter beglaubigt. »Das ist mein geliebter Sohn, ich habe ihn erwählt. Auf ihn sollt ihr hören!«

Was ist also die Botschaft dieser bildreichen Erzählung? Was will sie uns sagen? Petrus, Jakobus und Johannes sind die Augen aufgegangen. Wie in einem Blitz oder wie in einer Vision erkennen sie das Geheimnis der Persönlichkeit Jesu. Das ist für sie wie eine Sternstunde, die sie beglückt und aufwühlt. Sie erkennen, dass Jesus zu den größten Autoritäten ihres jüdischen Glaubens gehört. Von Jesus geht eine göttliche Ausstrahlung aus. In Jesus leuchtet für sie Gott auf. In Jesus begegnen sie Gott. Durch Jesus lernen sie Gott kennen und anders sehen. Jesus zeigt ihnen das Ziel ihres Lebens.

Mit dem Ziel vor Augen gehen sie ihren Lebensweg weiter. Sie wollen auf Jesus hören. Im tiefsten ihres Herzens betroffen versuchen sie dann das zu tun, was Jesus sagt, versuchen sie in seinem Sinne zu handeln und zu leben. Denn nur so können sie ihr Lebensziel erreichen: Teilnahme an der „Herrlichkeit Gottes“, mit Gott endgültig verbunden sein. Das will uns diese Erzählung sagen: Davon hängt unsere ganze Lebenserfüllung ab, unser endgültiges Glück. Jetzt wissen wir, wozu wir leben.

Und so entdecken wir das wahre Wesen und die große Bedeutung von Jesus für uns, so dass wir gerührt sagen können: „Jesus, in dir spricht Gott zu uns. Du öffnest uns den Blick für Gott. Du forderst uns auf, uns Gott zuzuwenden. Jedes Mal, wenn dieses Bewusstsein uns zutiefst durchdringt und berührt, machen wir ein Gipfelerlebnis, so wie die drei Freunde von Jesus. Sicher: Das sind oft nur Momentaufnahmen. Nachher müssen wir wieder hinunter, in das „normale“ Leben, in den Alltag. Aber von solchen Momenten lebt unser Glaube und wird er immer wieder belebt.

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